Anlässlich des 250. Geburtstages von Caspar David Friedrich und inspiriert durch sein Gemälde „Frau am Meer“ fragen wir nach dem sich wandelnden Rollenbild, den Arbeitserfahrungen und den Lebensentwürfen von Frauen in der Fischwirtschaft auf Rügen. Die Ostseeinsel war in den vergangenen Jahrzehnten stark durch die Fischerei und den Strukturwandel dieses Berufszweiges geprägt. Heutzutage rückt zunehmend der Fischer als Einzelkämpfer und das Aussterben seines Berufstandes in den Fokus der Öffentlichkeit. Existierende Literatur und Projekte beleuchten fast ausschließlich die männliche Perspektive. Die Rolle der Frau ist bisher stark unterbelichtet.
Eine Fischerei ohne Frauen war und ist nicht möglich. Ob in eine Fischereifamilie hineingeboren, als Ehefrau eines Fischers, als Arbeiterin in der Fischverarbeitung oder einem der vielen nachgelagerten Bereiche – die Fischerei hat die Frauen auf Rügen im Laufe der Zeit vor spezifische Herausforderungen gestellt und ihre Leben auf besondere Weise geprägt. In Folge des Aufbaus des Sassnitzer Fischkombinates nach dem II. Weltkrieg, kam es zum Bruch mit überlieferten Fischereitraditionen und althergebrachten Rollenbildern. Der ganze Ort richtete sich auf die Fischerei aus und wuchs zur Stadt heran. Der Zusammenbruch der Fischindustrie nach der Wende 1990 hat in Sassnitz und auf Rügen tiefe Spuren hinterlassen. Die Schließung der Heringsverarbeitung von Homann im „Alten Kühlhaus“ 2019 und Euro Baltic 2013 bedeutete für etwa 150 Beschäftigte, darunter ein Großteil Frauen, einen weiteren Bruch in ihrer Biografie.
Wir möchten in unserem Projekt Frauen über ihre Beziehung zur Fischwirtschaft interviewen und die individuellen Arbeitsperspektiven untersuchen. In Meetings mit allen Interviewpartner*innen und Akteur*innen möchten wir ein Netzwerk und Ideenpool mit den Teilnehmer*innen eröffnen. Darin werden Erinnerungen, Wünsche, Ideen und zukünftige Lebens- und Arbeitsperspektiven gleichermaßen berücksichtigt.
Ab August 2024 beginnen wir mit den Interviews. Wer Interesse hat, über die eignen Arbeitserfahrungen zu berichten, kann sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Im Frühjahr 2025 eröffnen wir im Hafen die Ausstellung und veröffentlichen die Arbeitsergebnisse.
Das Projekt wird gefördert durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung.